Freitag, 7. Februar 2014

Gründe, Vorbereitung, Equipment, Planung, Statistik, Kosten

Warum diese Reise? 

Ich habe in Passau Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien studiert, komme aber aus Offenburg. Ich habe mich immer gefragt ob man es wohl von Offenburg bis Passau mit dem Fahrrad schafft. Außerdem bin ich den Donauradweg von Passau nach Wien nie mit dem Fahrrad gefahren - ich kam einfach nicht dazu.

 Ich bin schon immer viel mit dem Fahrrad gefahren ("Ich 'abe aber gar kein Auto" habe aber noch nie* eine mehrtägige Fahrradtour gemacht, immer nur Tagestouren oder habe mein Fahrrad als Autoersatz (Fahrt zum Supermarkt etc) genutzt.

 *Außer einer Zweitagestour von Passau aus in den tschechischen Nationalpark Sumava und wieder zurück - die endete zwar im "Desaster" (zu wenig zu essen, zu wenig Wasser, zu viel Regen und zu kalt) hat mich aber nicht mehr losgelassen.   

Weil Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien ein "Jack of all Trades and Master of None"-Studiengang ist (man kann von allem ein bisschen aber nichts wirklich) habe ich mich in Offenburg mit Wirtschaftinformatik an der Hochschule Offenburg versucht. Ich kann zwar gut mit Sprachen aber nicht mit Programmiersprachen, fürs programmieren fehlt mir ganz eindeutig das Interesse und das Talent. Deshalb habe ich dieses Studium nach zwei Semestern begraben.

Ja und jetzt? Noch länger vor dem Computer sitzen nur um diesmal nach Jobangeboten zu suchen? Nee, als (Wirtschafts) Informatikstudent verbringt man ohnehin schon genug Zeit vor dem Computer...wann werde ich jemals wieder so frei sein (kein Job, keine Verantwortung, keine Frau, keine Kinder, kein Autokredit) - wann also wenn nicht jetzt?


Planung und Vorbereitung 


Die Idee einer Fahrradtour nahm Gestalt an, von Offenburg über den Schwarzwald, dann der Donau über Passau nach Wien folgen (mit einem Abstecher durch Tschechien) und falls ich das schaffen sollte evtl. noch ein bisschen weiter bis Budapest - und dann zurück mit dem Zug.

Allerdings dachte ich nie dass ich es überhaupt so weit schaffen würde. Bis Wien hatte ich eine Burger King Karte auf der alle Burger King Restaurants eingezeichnet waren (die gabs mal zum Menü) und mit dieser hatte ich bereits erfolgreich navigiert , die würde ich jedenfalls mitnehmen*. Und mein Zelt und meinen Schlafsack, ist klar. Die Küche würde kalt bleiben, erstens habe ich keinen Kocher, keine Töpfe usw. und zweitens kein Geld um mir so etwas zu kaufen. Außerdem: Was man nicht (dabei) hat wiegt nichts, kostet nichts und kann nicht kaputt gehen.

*in Österreich habe ich eine Europakarte in einer Papiertonne gefunden, in Ungarn eine Karte an der Tankstelle gekauft. In Serbien gibt es eine tolle Karte von der Touristeninformation die ganz Ex-Jugoslawien und eine großen Teil Albaniens abdeckt. In einem Hotelzimmer in Bosnien habe ich außerdem eine tolle Karte von Montenegro gefunden die ein anderer Reisender dort zurückgelassen hatte. 

In Griechenland gab es weder Touristeninformationen (oder ich habe sie nicht gefunden) noch Landkarten an Tankstellen. Eine Universitätsbuchhandlung in Thessaloniki hatte schließlich was ich gesucht habe. In der Türkei habe ich keine Karte (außer der Europakarte) gehabt weil dort Istanbul mit Hilfe der Straßenschilder in etwa so leicht zu finden ist wie Paris in Frankreich.

Bis Wien gibt es sicherlich genug Zivilisation (Supermärkte, Döner Shops, Burger Kings usw) um nicht zu verhungern...Gepäcktaschen konnte ich mir bei meinem Bruder leihen (Danke Bruder!), ein Fahrrad hatte ich schon.

Den ganzen Sommer über reifte die Idee einer Fahrradtour aber immer dachte ich ich hätte wichtigeres zu tun, bis plötzlich Mitte September die ersten Vorboten des Herbstes kamen und als es schöner wurde mir dachte "jetzt oder nie!". Also einen großen Haufen an Equipment aufgeschichtet, festgestellt das geht niemals ans Fahrrad, also bin ich diesen Haufen mehrmals durchgegangen ("Bauche ich das wirklich?" "Vielleicht schon?" "Aber nicht sicher?" => Also weg damit) bis alles in die Taschen gepasst hat. Dabei musste dann sogar das Handy- und das Kameraladegerät dran glauben (so lange bin ich sicher nicht unterwegs...)

Als es dann Ende September wieder schöner wurde bin ich eines Tages einfach losgefahren...und dann kam diese Route dabei raus.





Equipment 



Mein Fahrrad, ein Cube Hyde Race mit Schutzblechen, Nabenschaltung (Alfine 8), einem gebrauchten Ledersattel von Brooks (via ebay), hydraulischen Bremsen und einem Gepäckträger von der Radsportgalerie Brünn in Ofenburg, wobei ich mir die Ritzelgröße von Fahrrad Stephan in Offenburg so habe anpassen lassen dass die Entfaltung im niedrigsten Gang geringer ist als in der Standardausstattung (Wenn ich den Berg nur hochkomme dann komme ich ihn auch wieder runter).

Ein Rohloff-Speedhub wäre natürlich besser aber den kann ich mir leider (noch?) nicht leisten. 

Kaufpreis des Rades: 980 Euro.



Satteltaschen von Ortlieb (kann ich nur empfehlen).

Ein Ein-Mann-Zelt, auch als Dackelgarage bekannt Kraz X 1 von Coleman für 99 Euro).

Für 99 Euro ist das Zelt super, aber wenn ich mehr Geld für ein Zelt ausgeben könnte würde ich es tun - das Zelt ist zwar dicht der Zeltboden aber nicht wirklich. Außerdem wird es innen durch Kondensation ziemlich feucht und durch das Innenzelt zieht kalter Wind durch. Das geht auch besser.


Der Vorteil ist dass es billig (99 Euro) leicht (1,5 kg) und klein verpackbar ist. Weil es so klein ist passt es auch überall hin, was v.a. in Serbien wichtig wurde da es dort so gut wie keine ebenen Flächen gibt die kein Vorgarten sind.

Dazu eine aufblasbare Isomatte und ein Daunenschlafsack und fertig ist das Zuhause.

Eine Regenjacke, Rainlegs (sehr empfehlenswert aber eher für den Weg zum Supermarkt als für acht Stunden Dauerregen), Skiunterwäsche (klein, leicht, warm), Mütze und Handschuhe.

Eine Cordhose, eine kurze Hose, zwei Funktions-T-Shirts, einen Longsleeve, eine 0815-Softshelljacke, ein halbes Dutzend Unterhosen, ein paar Socken, Sandalen (keine Schuhe = weniger Socken), Zahnbürste, Zahnpasta, Sonnenbrille, Hut, Werkzeug (sehr wenig), 0815-Kamera, Akkuleuchten und fertig ist die Equipmentliste.

Ich habe weder Smartphone noch GPS noch Laptop noch Kocher noch Ersatzteile (außer Reifenflicken) mitgenommen. Das Fahrrad war so schon schwer genug (15 kg Fahrrad + ca 12 kg Equipment inkl. Essen + Trinken + Taschen) und das hat mir auch gereicht.

 Statistik 

Insgesamt habe ich 3250 km und 23550 Höhenmeter auf dem Fahrrad zurückgelegt und dabei 14 Länder durchfahren (Deutschland, Tschechien, Österreich, Slowakei, Ungarn, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Albanien, Kosovo, Mazedonien, Griechenland, Türkei und Frankreich [auf dem Rückweg vom Flughafen Basel nach Offenburg])

Ich war 66 Tage unterwegs, habe davon 14 Tage Pause gemacht und 52 Tage im Sattel verbracht.

Ich habe (inkl. Pausentagen) ~ 50 km am Tag zurückgelegt, an Tagen an denen ich gefahren bin waren es im Schnitt 62,5 km (wobei ich teilweise erst um 15 Uhr losgefahren bin).

 Ich habe im Schnitt alle drei bis vier Tage in einem Hostel oder Hotel übernachtet, entweder weil es eine große Stadt war (ganz wichtig: Im Hostel endlich mal jemandem treffen mit dem man eine Sprache gemeinsam hat) oder weil das Wetter zu schlecht war. Ansonsten habe ich in meinem Zelt und zwei Mal in verlassenen Ferienwohnungen übernachtet.

Ich habe im Schnitt zwischen 10 (Ungarn bis Mazedonien) und 20 Euro (Hostel in Wien und Bratislava, Hotels in der Türkei) pro Nacht ausgegeben.

Ich habe unterwegs einen Bus, zwei Schiffe und drei Züge mit insgesamt 636 km Wegstrecke auf der Reise genutzt.

Da mein Bruder Ende November nach ungefähr der Hälfte der Zeit seine Hochzeit gefeiert hat bin ich von Belgrad nach Memmingen geflogen (dann per Zug weiter) und nach der Hochzeit wieder zurück von Offenburg nach Belgrad mit dem Zug gefahren.

Wenn man das und den Rückflug von Istanbul mit einrechnet habe ich 8400 km zurückgelegt, davon 5700 km über Land und 2700 km mit dem Flugzeug.

Geld / Kosten 


Ich habe unterwegs Geld am Geldautomaten mit der Kreditkarte meiner Internetbank gezogen (kostenlos, ging überall absolut problemlos) und im Schnitt (Haustür zu Haustür inkl. Flüge, Züge, Essen, Reise zur Hochzeit meines Bruders, Ho(s)tels) 25 Euro am Tag ausgegeben.

Im Sommer könnte man diesen Betrag evtl. etwas drücken indem man mehr im Zelt und weniger im Hotel übernachtet, aber man kann problemlos auch mehr ausgeben. Das sind für zwei Monate aber immer noch 1650 Euro, wobei die Fahrt von Belgrad nach Offenburg und zurück mit 160 Euro zu Buche schlug, also kaum ins Gewicht fällt.

Sonstiges

"mangelnde" Planung

Die "mangelnde" Planung hat keine große Rolle gespielt, unterwegs erfährt man oft Dinge die man mit Hilfe des Internets sicher auch vorher herausfinden könnte aber nicht unbedingt muss. So hat mir ein Reisender in Belgrad vom montenegrinischen Nationalpark Durmitor erzählt. Weil mich das so beeindruckt hat habe ich meine Route spontan geändert und bin so letztendlich auch in Albanien und im Kosovo gelandet. Wobei ich Durmitor nie erreicht habe weil als ich in der Nähe war hat es so schlimm geregnet (und die Wettervorhersage meinte das ginge noch ewig so weiter) dass ich anstatt dessen lieber an die Küste bin.

Auch von der Fähre über den albanischen Komanstausee habe ich erst in Shkoder erfahren, das hat sich wirklich gelohnt.

Zelten (wild)


Ich habe wirklich überall gezeltet und fast überall sind zu früher Stunde Menschen aufgetaucht. Sei es der Bauer auf seinem Traktor, Jogger Hundegassigeher, Jäger, Schäfer oder Kuhhirten. Dass ich dort wild gezeltet habe hat aber niemanden wirklich gestört, die meisten Menschen waren sehr freundlich und sehr interessiert und beeindruckt was ich denn dort mache und wünschten mir einen guten Tag.

Dadurch dass es im Herbst so früh dunkel wird (in Mazedonien wurde es schon um 16 Uhr nachmittags dunkel!) musste ich mir recht früh einen Zeltplatz suchen, was es allerdings einfacher machte unentdeckt zu zelten und früh aufzustehen.

Aber ist das denn nicht gefährlich?!


Ich hatte nicht das Gefühl dass "das" (was auch immer "das" ist) wirklich gefährlich ist. Nachts im dunklen Wald treiben sich keine "bösen" Menschen herum, die sind woanders. Meine Erfahrung war dass wenn man den Menschen offen begegnet dann erwidern sie das und sind einem auch freundlich gesonnen. 

Die mangelnde gemeinsame Sprache war meist kein Problem, irgendwie bekommt man die Kommunikation schon hin (auf slavisch hört sich das Wort 'Zelt' so ähnlich an wie das französische Wort für 'Schloß' ['chateaux']) und so lange man den Namen der nächsten Stadt kennt kann man immer in eine Richtung zeigen und den Namen des Ortes fragend aussprechen...

Am gefährlichsten ist es sicher dass man von einem Auto oder Lastwagen angefahren wird. Aber das kann einem auch zu Hause passieren. Meiner Erfahrung nach haben sich die meisten Lenker (insbesondere Laster- und Busfahrer) sehr zuvorkommend gezeigt und sind einen Bogen gefahren, außer auf Nebenstraßen in Ungarn, da hat mich einer so knapp überholt dass ich mich erschreckt habe und ich gestürzt bin. Zu  Glück ist weder mir noch meinem Fahrrad etwas ernsthaftes passiert. 

Und Busfahrer in Belgrad die denken mich mit ihrem zwei Meter fünfzig hohen knallgelben Doppelgelenkbus in zwanzig Zentimetern Abstand zu überholen sei eine gute Idee. Ja sie wissen wo ihr Bus zu Ende ist und wo nicht aber mich so erschrecken das muss auch nicht sein. 

Am Ende hat mir aber sogar die zwölfspurige Einfallstraße nach Istanbul Spaß gemacht - Übung macht den Meister!


Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?

Ich empfehle eher im Sommer /Frühherbst zu fahren anstatt im Spätherbst - es wurde v.a. gegen Ende doch empfindlich kalt und nass. Außerdem wird es sehr früh dunkel und im Dunkeln ist es schwer einen Zeltplatz zu finden. 

Ich würde mir ein besseres Zelt kaufen, schließlich ist das Zelt mein Zuhause während der Fahrt.

Ein Smartphone oder besser ein billiges Tablet käme mit. Internet gibt es zwar an jeder Ecke aber meist nur als W-Lan und nicht mehr als Internetcafé. In Podgorica/Montenegro hatte ich echte Probleme ein Internetcafé zu finden. W-Lan gabs zwar an jeder Ecke, aber das hilft nur wenn man seinen eigenen Computer dabei hat. 

Damit wäre auch Couchsurfing eine Option gewesen - mehr Kontakt mit den Einheimischen, mehr Gespräche und geringere Hotelkosten.

Mehr Werkzeug mitnehmen bzw. vorher ausprobieren ob man wirklich für jede Schraube das passende Werkzeug dabei hat. Hatte ich nämlich nicht, und es ist manchmal erstaunlich wie schwierig ist selbst so ein Allerweltswerkzeug wie einen 15er Schlüssel aufzutreiben.  

Den Lenker für eine noch enspanntere Sitzposition noch höher legen damit die Handgelenke nicht einschlafen wenn man viele Stunden am Stück im Sattel sitzt.  

Ansonsten: mehr Zeit in Albanien verbringen (mein Lieblingsland auf der Reise) und den Nationalpark Durmitor in Montenegro besuchen. 

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